Heute ist Intersex Awareness Day. Awareness und Visibility Days gibt es viele, und manchmal frage ich mich, ob das nicht sogar inflationär wird. Aber dennoch hat jedes Anliegen seine Berechtigung.
Der Intersex Awareness Day hat unter solchen Tagen im LSBTI*-Umfeld für mich eine besondere Bedeutung. Während Menschen mit „anderer“ sexueller Orientierung in D weiterhin Diskriminierungen ausgesetzt und leider auch mit Gewalt konfrontiert werden, sehe ich beim Thema Intersexualität eine besondere „Qualität“: nämlich dass selbst im Jahr 2020 immer noch – gesellschaftlich akzeptiert und völlig legal – Genitalverstümmelungen vorgenommen werden. Obwohl das vermehrt diskutiert wird, tut sich die bundesdeutsche Politik immer noch schwer damit, solche unnötigen und irreversiblen Eingriffe grundsätzlich zu verbieten.
Und es zeigt für mich (wie an so manch anderer Stelle auch) auf, mit welcher Doppelmoral hier agiert wird: da wird lautstark (und sicherlich auch zurecht) und teilweise in moralischer Überheblichkeit die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung in afrikanischen Ländern angeprangert und verurteilt – aber im eigenen Land wird weiterhin tatenlos zugeschaut.
Und warum? Weil die Natur um einiges vielfältiger ist als es das bei uns vorherrschende binäre Denken zulässt. Was also nicht sein darf, wird zurecht geschnippelt.
Es gibt mit OII Europe ein Organisation, In der sich intersexuelle Menschen zusammengeschlossen haben, um eine Veränderung zum Positiven zu erreichen – einige dieser Menschen durfte ich auf der ILGA Europe Conference 2018 auch persönlich kennenlernen. Und weil man als Aktivist*innen nicht immer nur auf die Probleme und Rückschläge schauen darf, wird beginnend mit dem Intersex Awareness Day ein etwas anderer, aber ebenso wichtiger Blickwinkel eingenommen:
“Yet we are also more than that, we share dreams, hopes, joys and worries similar to everyone else. Our interests and lived realities vary as much as for everyone else. “
https://intersexlives.oiieurope.org/
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