Nach längerer Zeit habe ich mir wieder einmal die Nacht mit einem Buch um die Ohren geschlagen – wie schon beim ersten Lesen vor 10 Jahren hat mich „Corpus Delicti“ erneut gefesselt.
Der Anstoß, es wieder aus dem Regal zu holen, war in der Tat die derzeit so massiv betonte kollektive Verantwortung für die körperliche Gesundheit Aller, hinter der so vieles andere im Moment zurückstehen muss.
Und auch diesmal regt mich der Roman zum Nachdenken an und zu einem Abgleich von Fiktion und Wirklichkeit. Einerseits mit der Erkenntnis, dass wir von der im Buch geschilderten Gesundheitsdiktatur gesamtgesellschaftlich immer noch ganz weit weg sind – was beruhigend ist.
Andererseits erscheint das eine oder andere Detail 10 Jahre später nicht mehr ganz so fremd, wenn man z.B. an Fitness-Tracker und die damit verbundene Diskussion um Rabatte bei Krankenversicherungsbeiträgen denkt – oder ganz aktuell an die „Datenspende-App“ des RKI1. Wobei die Freiwilligkeit – im Gegensatz zum Roman – bei uns noch gegeben ist.
Wenn ich dann noch mitbekomme, wie einige Bundesländer derzeit agieren und dass z.B. in Bayern der „Unterbindungsgewahrsam“2 schon bei Verstößen gegen Corona-veranlasste Auflagen eingesetzt wird3, dann erinnert auch das an die Durchsetzung von Gesundheitsvorgaben mit dem Strafgesetz im Roman. Die Tatsache, dass ich in dem noch relativ vernünftig agierenden NRW lebe (und mich ausnahmsweise mal über die deutsche Kleinstaaterei freue), ist dabei nur ein relativ schwacher Trost bei der unweigerlich aufkommenden Frage, wohin uns die aktuelle Entwicklung noch führen wird.